Die eigene Praxis und dann krank sein - besser nicht (oder?)!

Eine Schniefnase am Morgen, die geht erfahrungsgemäß im Laufe des Vormittags weg, unterstützt von viel Tee und Zitrusfrüchten. Und natürlich, zum Schutz der Patient*innen trägt man eine Maske in den Sitzungen. So weit so gut.

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Zum Glück bin ich selten krank und fast nie "so richtig". Aber wenn es passiert – dann ist natürlich sofort die Frage, ob "es noch irgendwie geht" oder ob ich Sitzungen absage, weil krank eben einfach krank ist. 

Das ist manchmal eine schwierige Entscheidung. Bei einer Erkältung mag es noch Graubereiche geben. Ein Magen-Darm-Infekt ist da schon eindeutiger. Der kann einen schon mal ein paar Tage außer Gefecht setzen und dann geht es auch wirklich nicht, sich in die Praxis zu schleppen (bitte nicht!). Und natürlich ist es nicht undenkbar, eine schwerere Krankheit zu bekommen, einen Unfall zu haben. Wegen irgendwas im Krankenhaus zu landen. Oder oder oder, Horrorszenarien gibt es ja genug.

In diesem Beitrag geht es darum, was wir in solchen Fällen tun können und sollten und auch, wie wir auf verschiedenen Ebenen vorsorgen können. 

Im Fall der Fälle

Falls es passiert, dass wir aus Krankheitsgründen unerwartet nicht in die Praxis gehen können,  

  • sollten wir wenn irgend möglich unseren Patient*innen bescheid geben. Für solche Fälle habe ich immer eine Liste mit den Telefonnummern oder Mail-Adressen meiner Patient*innen (jedes Quartal aktualisiert) zu Hause, natürlich datensicher verstaut
  • wenn das nicht möglich ist (z.B. weil es einem zu schlecht geht), kann man vielleicht jemanden bitten, einen Zettel an die Praxistür zu hängen. Nicht ganz optimal, aber besser, als wenn die Patient*innen gar nichts erfahren
  • in Ergänzung oder stattdessen: Besprechen Sie Ihren Anrufbeantworter und aktivieren Sie Ihre E-Mail-Abwesenheitsnotiz, um darüber zu informieren, dass Sie vorübergehend nicht erreichbar sind und wohin man sich eventuell bei Notfällen wenden kann. So können Patient*innen erfahren, was los ist, wenn Sie vielleicht vor verschlossener Tür standen
  • wenn es körperlich möglich ist, können Sie überlegen, ob Video-Sitzungen eine Möglichkeit sind, zumindest für die dringlichsten Sitzungen. Seit einiger Zeit ist es ja erlaubt, Video-Sitzungen auch außerhalb der Praxisräume durchzuführen, wenn man einen neutralen Hintergrund, Schweigepflicht und Datensicherheit gewährleisten kann
  • sollte es sich um einen längerfristigen Ausfall handeln (hoffentlich nicht!) und Sie eine Kassenpraxis haben, sollten Sie mit Ihrer KV Kontakt aufnehmen, weil eventuell eine Vertreterregelung notwendig ist

Aber das sind natürlich wirklich die absoluten Notfall-Maßnahmen, die hoffentlich nur selten notwendig sind. Aber wenn, dann ist es gut, sie im Hinterkopf zu haben und auch zu ergreifen.


Gesundheit ist das wichtigste Kapital Ihrer Praxis


Wenn man gesund ist, hat man viele Probleme. Wenn man krank ist, nur noch eins.

T. Robbins

Als Psychotherapeut*in sind Sie selbst nämlich Ihre wichtigste (und vielleicht einzige) Ressource. Ihre körperliche, aber auch Ihre emotionale und mentale Gesundheit sind DAS Fundament, auf dem Ihre Praxis steht. Raubbau an sich selbst kann nicht nur Ihr persönliches Wohlbefinden (und Ihren Ruf!) schädigen, sondern auch Ihren Praxiserfolg negativ beeinflussen. Warum? Hier sind ein paar Aspekte, die eine wichtige Rolle spielen.


Selbstfürsorge als Vorbild für Patient*innen

Wenn Sie selbst gut auf sich achten, setzen Sie ein klares Zeichen: Selbstfürsorge ist ein zentraler Bestandteil des Lebens. Die meisten Patient*innen nehmen nämlich durchaus wahr, wie Sie mit Ihrer eigenen Gesundheit, mit sich selbst umgehen. Und denken darüber nach. Wenn Sie die Sitzungen pünktlich beenden, Pausen einplanen und sich bei Krankheit schonen, regen Sie Ihre Patient*innen an, sich ebenfalls um ihr Wohlbefinden zu kümmern. Sich zu trauen, angemessene Grenzen zu setzen.

Womöglich beschwert sich ein*e Patient*in zunächst darüber, weil er/sie vielleicht zunächst vor allem den eigenen Nachteil sieht. Dann bietet das eine gute Gelegenheit, offen auch über Ihre Grenzen zu sprechen oder zu klären, welche Erwartungen angemessen sind oder auch nicht. Das kann die therapeutische Beziehung stärken und sowieso die Bedeutung von Selbstfürsorge stärken.


Langfristige Belastbarkeit und Prävention

Noch wichtiger finde ich diesen Punkt, den ich oben schon angesprochen habe: In der Psychotherapie sind Sie als Person die allerwichtigste Ressource, die zentrale Säule. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie langfristig belastbar und gesund bleiben. Mir geht es bei dieser Aussage überhaupt nicht darum, Druck aufzubauen, sondern Ihnen die Realität vor Augen zu führen: WIR SIND UNSERE PRAXIS (und natürlich noch einiges mehr).

Ohne unsere körperliche und/oder mentale Gesundheit gibt es nämlich keine Behandlungen in unserer Praxis und kein Einkommen.

Krankschreiben gibt es nicht für uns Selbstständige, eine Vertretung ist normalerweise keine Option. Eine präventive, ganzheitliche und nachhaltige Gesundheitsstrategie ist deshalb wirklich richtig wichtig. Was immer das für Sie heißt und was immer machbar ist. Sie wissen selbst am Besten was das ist.

Dauerhafte Überlastung und Übergehen von Warnsignalen des Körpers und der Psyche können wir uns jedenfalls einfach nicht leisten. Im Grunde geht es ja um eine Win/Win-Situation: Wenn Sie gesund und zufrieden sind, kommt das Ihnen persönlich und Ihrem Umfeld zu Gute, genau wie Ihrer Praxis.


Emotionale und mentale Gesundheit 

Wie sind natürlich einerseits geschult und trainiert darin, mit dem Leid anderer einen Umgang zu finden. Vermutlich haben auch Sie in vielen Stunden Supervision den Umgang mit schwierigen Therapiesituationen gelernt und in vielen Stunden Selbsterfahrung an Ihren eigenen wunden Punkten gearbeitet und beides ist wirklich ein schützender Faktor.

Dennoch ist es nicht leicht. Wir sind ja im allgemeinen sehr empathische Menschen. Und es ist trotz der langen Ausbildung oft schwer, das Gehörte und Erfahrene in den Praxisräumen zu lassen und mit der manchmal erlebten Hilflosigkeit umzugehen. Das muss natürlich überhaupt nicht bedeuten, dass unsere psychische Gesundheit gefährdet ist. Aber auf Dauer kann es schon sehr belastend sein und die Freude an unserer wunderbaren Arbeit nehmen. 

Ich bin (nicht nur deshalb) ein großer Fan von lebenslangem Lernen. Mehr über die Störungsbilder und Behandlungsmethoden zu lernen macht Spaß und schützt erwiesenermaßen gegen therapeutischen Burnout. Außerdem natürlich Selbsterfahrung, in welcher Form auch immer. Klassisch, als Supervision oder auch als vertrauensvolle Intervisionsgruppe, in der man sich öffnen kann. Oder mit einer eigenen Therapie, mit Coaching oder mit regelmäßiger Meditation oder Selbstreflexion. Es gibt bestimmt sehr sehr viele Möglichkeiten.

Emotional und mental stabil zu sein unterstützt jedenfalls dabei, der/die best mögliche Therapeut*in für Ihre Patient*innen zu sein. Das ist nicht nur wunderbar für Ihre Patient*innen, sondern schützt auch Sie und hält Sie langfristig auf den verschiedenen Ebenen gesund (davon bin ich überzeugt!).


Der finanzielle Aspekt eines Ausfalls

Mit einer eigenen Praxis sind wir immer auch Praxis-Unternehmer*innen. Und als solche müssen wir uns auch darum kümmern, wie es finanziell weitergeht, wenn wir krank sind. Denn eine Krankschreibung gibt es für uns ja nicht, oder genauer: Sie nützt uns nichts. 

Auch unter diesem Aspekt ist Selbstfürsorge - psychisch und körperlich - ein gutes Investment. Weil jeder Krankheitstag handfeste finanzielle Konsequenzen hat. Gleichzeitig ist es wenig sinnvoll, sich unter Druck zu setzen oder sich krank in die Praxis zu schleppen (siehe oben). Hier ein paar Gedanken, wie Sie den Druck aus diesem Aspekt Ihrer Selbstständigkeit nehmen können:

  • Damit Sie im Fall der Fälle entspannt krank sein können, ist eine vorausschauende finanzielle Planung gut. Wenn Sie Ihre Arbeitszeit und Ihren Gewinn geschickt kalkulieren – wie ich das zum Beispiel in meinem eKurs „Arbeitszeit-/Gewinnanalyse“ zeige – können Sie es sich wirklich leisten, auch mal ein paar Tage auszufallen und in Ruhe wieder gesund zu werden.
    • Aber Rücklagen schaffen schon auch ein bisschen Gelassenheit. Deshalb rate ich, von Anfang an einen Notfallgroschen anzusparen, um im Krankheitsfall keinen finanziellen Stress zu haben (hier mehr dazu).
    • In die gleiche Kategorie gehört Krankentagegeld. Das ist teuer und sichert meist erst nach einiger Zeit ab (z.B. ab 4 Wochen kranksein), aber immerhin. Das kann grade dann wichtig sein, wenn man noch am Anfang steht und nicht viel ansparen konnte.
  • Klug wäre es, keinen übervollen Kalender zu haben - so dass Sie ausgefallene Sitzungen unterbringen können. Ich weiß, das ist wirklich schwierig, schließlich kalkulieren wir ja meistens so, dass wir maximal ausgebucht sind. Aber seit ich z.B. regelmäßig Nachmittage für Schreibtischarbeit einplane, habe ich einen "Zeitpuffer", den ich zur Not einsetzen kann, ohne zu viele Sitzungen an einem Tag zu haben, weil Termine nachgeholt werden müssen.


Was heißt das alles für Sie?

Mir ist wichtig, dass Sie das Thema für sich durchdenken und überlegen, welche Aspekte für Sie wichtig sind. Worum Sie sich kümmern sollten und wollen, welche Routinen Sie sich vielleicht angewöhnen möchten. Und wo das vielleicht auch gar nicht nötig ist.

Wir können viel dafür tun, selten krank zu sein. Aber wir haben nicht alles in der Hand, trotz aller Bemühungen. Wenn gute Selbstfürsorge iHand in Hand mit einer realistischen (und sozusagen kühlen) Kalkulation geht, haben Sie alles getan, was diesbezüglich sinnvoll ist und können sich entspannen. Und das wiederum ist erstens die beste Vorsorge und zweitens ein gutes Gefühl.

PS: Sollten Sie mit dem Thema der Kalkulation hadern, schauen Sie sich doch gerne einmal meinen eKurs "Arbeitszeit-/Gewinnanalyse" dazu an, da erkläre ich im Detail, wie man Krankheitstage so einplant, dass sie einen wirklich nicht zu stressen brauchen.


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