So füllen Sie Ihre Praxis mit Patient*innen, die zu Ihnen passen

Eigentlich ist es traurig:

Sie brauchen nämlich keine Zielgruppe. Und kein Marketing. Denn der Bedarf an Psychotherapie ist derzeit dermaßen hoch, dass Ihre Praxis auch dann innerhalb kürzester Zeit ausgebucht wäre, wenn Sie weder Werbung machen, noch ein*e besonders geniale*r Therapeut*in sind (was ich natürlich nicht unterstellen will). 

Und auch wenn bei der Gründung einer eigenen Praxis große Summen im Spiel sind und das Angst machen kann, bin ich sicher, dass alles gut gehen wird.  

Ich habe nicht die geringsten Zweifel, dass Sie innerhalb kürzester Zeit ausgebucht sind.

  • In zwei oder drei Jahren oder spätestens in fünf werden sich die Investitionen auszahlen.
  • Ein paar Anrufe bei Hausärzt*innen und Ihr Terminkalender wird voll sein,
  • unabhängig von Ihrem Praxis-Schwerpunkt (auch wenn Sie keinen haben) und der Lage Ihrer Praxis.

ABER: Sind das auch genau die Patient*innen, mit denen Sie die nächsten Monate und vielleicht sogar Jahre viel Zeit verbringen möchten? Die bei Ihnen das Gefühl aktivieren, dass Sie am richtigen Platz sind und wirklich gut helfen können? Oder deren Behandlung sich spannend anfühlt, so dass Sie sich gerne diesbezüglich fortbilden und weiterentwickeln möchten? Wenn ja: Dann wären das die Patient*innen, die ich hier "Zielgruppe" nenne.


Win-Win-Situation bei der Therapieplatz-Vergabe

Manchmal weiß man am Anfang nicht, mit wem man am Besten zusammen arbeitet, wem man am besten helfen kann. Mit wem die Zusammenarbeit besonders viel Spaß macht. Außerdem kann sich das über die Zeit auch ändern.

Ich habe z.B. eine Zeitlang viel mit Angstpatient*innen gearbeitet. Das macht mir immer noch Spaß, aber irgendwann hat sich mein Schwerpunkt Richtung Traumatherapie verschoben, weil ich mich da noch selbsteffizienter und auf positive Weise gefordert fühle. 

Es ist mit einer der Vorteile unseres Berufs, finde ich, dass er so vielfältig ist und wir auch immer wieder unseren Schwerpunkt ändern können, wenn wir möchten.

Selbstverständlich kann man auch verschiedene Schwerpunkte haben und es ist genauso legitim, gar keinen zu haben und quasi als Generalist*in unterwegs zu sein. Ich denke aber, dass es Sinn macht, gerade am Anfang der psychotherapeutischen Tätigkeit sehr genau darauf zu achten, wie man sich nach den einzelnen Therapiestunden fühlt. Und sich dahin zu entwickeln, wo es sich gut anfühlt (= selbstwirksam, spannend, bedeutend).


Das Prinzip der Patient*innen-Passung (und warum das so wichtig ist)

Denn erfahrungsgemäß gibt es für jede*n von uns "Energievampire"

Das sind Patient*innen, die uns viel Kraft rauben. Nicht unwahrscheinlich, dass eine ein*e Kolleg*in sehr gut mit genau dieser Person wunderbar umgehen und sie optimal behandeln kann. 

Ich selbst habe z.B.  immer gerne mit Patient*innen gearbeitet, die eine Borderline-Diagnose hatten. Das ist ein Störungsbild, das für viele Kolleg*innen schwer zu behandeln wirkt und manchmal sogar beängstigend sein kann. Für mich war es das nie, ich fand immer, dass das meine leichtesten Therapien waren (und oft auch die erfolgreichsten).

Hätte ich nicht andere Patient*innen weitergeschickt, mit denen ich intuitiv nicht so einen guten Draht habe (und die "objektiv" vielleicht an einer "leichteren" Störung litten), hätte ich keine Plätze für “meine” Borderliner*innen gehabt. Und dann hätten dann weniger Menschen einen für sie wirklich passenden, hilfreichen Therapieplatz gehabt. Denn die, die ich weg geschickt habe, hätte ich nicht optimal behandeln können und die Borderliner*innen hätten womöglich mit jemandem arbeiten müssen, der/die sich dafür nicht gut gerüstet fühlt.


Mein wichtigster Tipp ist deshalb:

Haben Sie die Klarheit und den Mut, nach den Vorgesprächen tatsächlich nur solchen Patient*innen einen Platz anzubieten, die wirklich gut zu Ihnen passen. Bei denen Sie das Gefühl haben, wirksam sein zu können. Deren Behandlung Ihnen leicht fällt oder Sie auf eine Art fordert, die stimmig ist.

Denn ein vergebener Therapieplatz ist monate- und manchmal jahrelang vergeben - um nicht zu sagen: Der Platz ist dann für Patient*innen blockiert, denen Sie womöglich viel besser helfen könnten. Mit denen sich die Therapie stimmiger und vielleicht sogar leichter anfühlen würde.

UND: Nur weil sich eine Behandlung für uns leicht anfühlt und wir sie total gerne machen, heisst es nicht, dass wir es uns (zu) leicht machen. Unsere Arbeit ist wirklich schwer. Es verringert nicht ihre Qualität, wenn es uns dabei gut geht.


Online und offline präsent sein

Auch wenn Sie Werbung vermutlich nicht nötig haben werden, weil Ihr Terminkalender sehr schnell gefüllt sein wird, finde ich es dennoch ratsam, etwas Zeit (und vielleicht auch Geld) in den Aufbau Ihrer Online-Präsenz zu investieren. Sie wissen schon: Auch wegen der Zielgruppe.

  • Auf einer schönen und gut gestalteten Website können Sie beschreiben, worin Ihre Behandlungsschwerpunkte liegen und
  • Zuweiser*innen können darauf verlinken.
  • Und wenn Sie sich ein wenig mit SEO (Suchmaschinenoptimierung) beschäftigen, werden Sie - das ist jedenfalls meine Erfahrung - immer mehr von genau Ihrer "Zielgruppe" gefunden werden.
  • Die Gestaltung einer Website hilft übrigens auch dabei, besser und schärfer zu spüren und zu formulieren, was einem wichtig ist.

Lassen Sie außerdem auch Kolleg*innen, Ärzt*innen in der Umgebung und z.B. Selbsthilfegruppen wissen, was (derzeit) Ihre Behandlungsschwerpunkte sind, mit welchen Patient*innengruppen Sie arbeiten möchten, zB mit einer kurzen Mail, in der Sie Ihr Angebot kurz beschreiben und zur Website verlinken.

Wenn Sie noch nicht ausgebucht sind, können Sie auch überlegen, wo Ihre Zielgruppe vielleicht zu finden ist, z.B. in Selbsthilfegruppen oder der Volkshochschule. Dort könnten Sie z.B. einen kostenlosen anbieten. Sie werden dadurch

  • einiges an Erfahrung gewinnen und werden so auch
  • schnell als Expert*in wahrgenommen und können
  • sich Ihrer "Zielgruppe" persönlich bekannt machen.
  • Und merken, ob es wirklich der richtige Schwerpunkt für Sie ist.


Reflexionsfragen

Wenn Sie sich noch tiefer in dieses Thema einsteigen möchten, habe ich ein paar Fragen für Sie:

  1. Wenn Sie sich einmal völlig willkürlich die Patient*innen in Ihrer Praxis vorstellen, wer sitzt in Ihrem Wartezimmer? Und was verbindet sie alle?
  2. Welches Thema fanden Sie besonders spannend während Ihrer Studien- oder Ausbildungszeit?
  3. Welches Störungsbild brachte bislang die größten Herausforderungen mit sich für Sie als Therapeut*in?
  4. Wenn Sie an Rückmeldungen von Patient*innen denken, sticht dabei etwas besonders heraus?
  5. Gibt es Störungsbilder, die besonderes Interesse, vielleicht sogar Feuer in Ihnen entfachen?
  6. Gibt es einen persönlichen Bezug zu einem bestimmten Themengebiet oder Störungsbild?
  7. Womit beschäftigen sich Kolleg*innen, die Sie besonders inspirierend finden?
Kassensitz kaufen: Lohnt sich das?
Einfach perfekt unperfekt: Was macht eine*n guten Psychotherapeut*in aus?


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